Zu viele unnötige Notrufe!
Offener Brief des Kommandanten der Freiwilligen Feuerwehr Neufahrn Reinhold Kratzl
Retten – Löschen – Bergen – Schützen, das sind seit jeher unsere Aufgaben als Feuerwehr.
Wir, Ihre Feuerwehr, übernehmen diese Aufgaben gerne – rund um die Uhr, als freiwillige Feuerwehr.
Leider werden wir zunehmend für Ereignisse alarmiert, für die wir gar nicht zuständig sind. Immer häufiger besteht keine wirkliche Gefahr für Menschen, Tiere, Umwelt oder Sachwerte, so dass die Grenze zum Tatbestand des Notruf-Missbrauchs erreicht und überschritten wird.
Im Folgenden möchte ich einige Beispiele nennen, in denen die Alarmierungsnotwendigkeit für die Feuerwehr doch zumindest als sehr zweifelhaft bezeichnet werden muss:
Eine Taube wird von Raben angegriffen! Sicher ein unschönes Bild, doch muss hier die Feuerwehr mit 8 Einsatzkräften anrücken?
Eine Dame hat in ihrer Wohnung aufgeschrien! Einmal, ganz kurz! Der Nachbar alarmierte die Feuerwehr! Wir rücken mit 17 Einsatzkräften an. Als wir an der Wohnungstür klopfen öffnete eine Dame und berichtet, dass sie einen Alptraum gehabt hätte. Hätte der besorgte Nachbar nicht selbst klopfen und die vermeintliche Notlage schnell aufklären können?
Eine andere Dame meldet sich bei der Rettungsleitstelle mit einem Wassernotfall und verlangt sofortige Hilfe! Als wir die Einsatzstelle erreichen weiß keiner der anderen Mieter warum und von wem wir alarmiert wurden. Als wir die Dame per Handy kontaktieren ist sie bereits auf dem Weg nach München und sagt uns, dass sie mit der Sache nun nichts mehr zu tun haben wolle, sie wollte sich eigentlich nur beschweren, weil kein warmes Wasser mehr aus dem Hahn käme! 12 Einsatzkräfte sind verärgert!
Ein Mann alarmiert die Feuerwehr wegen eines Wohnungsbrandes im sechsten Stock! Vollalarm! Die ganze Wache, Nachbarfeuerwehren und der Kreisbrandmeister rücken aus! Nach längerer Suche nach einer Brandstelle stellen wir fest, dass eine Frau Kartoffeln kocht und das Fenster gekippt ist - der Rauch ist nur Wasserdampf. Der Anrufer ist unauffindbar. Über 50 Einsatzkräfte sind irritiert und fragen sich: Warum klingelte der Mann nicht an der Wohnungstür der Wohnung aus deren Fenster vermeintlicher Rauch drang?
Beim alljährlichen Johannisfeuer am Galgenbachweiher werden wir regelmäßig alarmiert! Kennen denn wirklich so viele Menschen den christlichen Brauch des Sonnwendfeuers nicht mehr?
Ein Mann alarmiert die Feuerwehr, dass ein Baum vor seiner Garage liege. Wir rücken mit 2 Fahrzeugen und 11 Einsatzkräften an. Ein allenfalls mittelgroßer Ast wird von zwei Mann weggezogen und der Einsatz ist nach 30 Sekunden beendet. Wir sind verärgert!
Ich könnte diese Aufzählung nahezu endlos fortsetzen, aber es ist mir wichtig, einmal zu erklären, was eigentlich genau die Aufgaben der Feuerwehr sind:
Das Retten von Mensch und Tier aus höchster Gefahr für Leib und Leben ist ebenso wie das Löschen von Bränden eine der wichtigsten Aufgaben der Feuerwehr! Auch das Bergen von Leichen, toten Tieren oder wertvollen Sachgütern ist Aufgabe der Feuerwehr! Auch schützen wir die Umwelt vor Gefahren, geben Hilfestellung beim vorbeugenden Brandschutz und stellen die Brandsicherheitswachen bei Großveranstaltungen.
Die größte Anzahl an Fehl- und Falsch-Alarmierungen betrifft den Bereich der sogenannten Technischen Hilfeleistung.
Dazu zunächst ein Auszug aus der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über den Vollzug des Bayerischen Feuerwehrgesetzes (VollzBekBayFwG):
Die Feuerwehren haben technische Hilfe bei Unglücksfällen oder Notständen zu leisten. Unglücksfall ist jedes unvermittelt eintretende Ereignis, das einen nicht nur unbedeutenden Schaden verursacht oder erhebliche Gefahren für Menschen oder Sachen bedeutet. Ein Notstand liegt vor, wenn die Allgemeinheit bedroht ist. Die gemeindlichen Feuerwehren leisten in diesen Fällen aber nur dann technische Hilfe, wenn am Tätigwerden der Feuerwehr ein öffentliches Interesse besteht (Art. 1 Abs. 1 BayFwG). Dies ist nur dann anzunehmen, wenn Selbsthilfe einschließlich gewerblicher Leistungen wegen Gefahr im Verzug oder wegen nur bei der Feuerwehr vorhandener technischer Hilfsmittel oder Fachkenntnisse nicht möglich ist.
Das bedeutet, dass beispielsweise die Beseitigung eines umgefallenen und keine Gefahr verursachenden Baumes auf einem Privatgrundstück ebenso wie das Abpumpen von 5cm Wasser in einer Tiefgarage nach einem Unwetter keine Aufgaben der Feuerwehr sind.
Die Freiwillige Feuerwehr Neufahrn hat 80 aktive Mitglieder, die der Bevölkerung bei höchster Gefahr, Notlagen, Unglücksfällen und Katastrophen jahrein jahraus Tag und Nacht freiwillig und ehrenamtlich helfen!
Wenn wir jedoch schon in diesem Jahr ca. 70-mal zu Fehlalarmen und durch Unachtsamkeit ausgelösten Brandmeldeanlagen gerufen werden, so wird unsere aktive und einsatzbereite Mannschaft vermutlich irgendwann immer kleiner werden. Irgendwann eilt niemand mehr mitten in der Nacht in die Feuerwache und rückt aus um ein angeblich brennendes Fahrzeug auf der Autobahn zu löschen, welchem jedoch nur ein Kühlerschlauch geplatzt ist und welches ein vorbeifahrender Autofahrer als brennendes Fahrzeug meldete. Welcher Arbeitgeber lässt zukünftig seinen bei der Feuerwehr aktiven Arbeitnehmer regelmäßig von der Arbeit weglaufen um beispielsweise einen Ast vor einer Garage zu entfernen.
Fakt ist: Viel zu viele Notrufe sind schlichtweg unnötig!
Als Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Neufahrn ist es meine Aufgabe die personelle, fachliche und technische Einsatzbereitschaft meiner Einsatzkräfte sicherzustellen – dazu gehört es auch die Einsatzmoral hochzuhalten!
Daher möchte ich Sie im Zusammenhang mit dem Feuerwehr-Notruf herzlich um Berücksichtigung der folgenden Punkte bitten:
- Liegt eine wirkliche Notlage vor?
- Geben Sie einen präzisen Notruf ab!
- Erwarten Sie die Rettungskräfte auf der Straße, denn im Notfall zählt jede Sekunde!
Sie dürfen sicher sein:
Wir werden auch in Zukunft jedes Mal unverzüglich ausrücken wenn Sie uns rufen!
Bitte rufen Sie uns aber nur bei einer wirklichen Gefahr!